[DZT. PERMANENTMELDUNG] Kettenverträge (gem. §109 UG) und Arbeitsbedingungen an österreichischen Universitäten
Unten stehend finden sich Verlinkungen sowie Artikel und Studien zu den Arbeitsbedingungen für (vorwiegend jüngere) Forscher*innen an den österreichischen Universitäten. Was sind die Hintergründe des § 109 Universitätsgesetz (UG)? Hier ein Darstellung der Situation: Unbefristet abgeschlossene Arbeitsverträge sind in der Wirtschaft, in anderen Einrichtungen des tertiären Bildungssektors und außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Regelfall. In Österreich hatten in 2022 nur 5,4 % aller Arbeitnehmer*innen einen befristeten Arbeitsvertrag. Hingegen sind an den österreichischen Universitäten befristete Arbeitsverhältnisse in sehr hohem Maß gegeben (im österreichweiten Schnitt etwa 80% Betroffene beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal, beim allgemeinen Personal weitaus weniger). - Befristete Arbeitsverhältnisse stellen Abweichungen vom Idealtyp unbefristeter (Vollzeit-)Beschäftigungen dar. Eine Aneinanderreihung befristeter Verträge ist im österreichischen Arbeitsrecht (ansonsten) grundsätzlich unzulässig. Auf EU-Ebene verweist die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge darauf hin, dass Kettenarbeitsverträge unter dem Verdacht des Missbrauchs stehen: In §5 sind „Maßnahmen zur Vermeidung von Mißbrauch“ angeführt. Um einen solchen zu vermeiden, müssen u.a. „sachliche Gründe, welche die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen“ gegeben sein. Sowohl die OGH- wie EuGH-Judikatur bestätigen diese Sichtweise. 2019 stellte der EuGH in der Rechtssache C-274/18 Minoo Schuch-Ghannadan fest, dass hinsichtlich des § 109 in der damaligen Fassung die „Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit“ verletzt wurde und verwies auf eine mögliche „mittelbare Diskriminierung“ von Frauen in Teilzeitbeschäftigungen. Der EuGH hat im erwähnten Urteil die Umsetzung des §109 als unionsrechtswidrig erkannt. Durch die Novellierung des § 109 im Jahr 2021 wurde die Diskriminierung gar auf Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer*innen ausgedehnt, was zu einer weiteren Verschärfung für Betroffene führte und führt, dies mit weitreichenden Folgen einer Prolongierung prekärer Arbeitsverhältnisse (teils über eine lange Zeitspanne der Erwerbstätigkeit an einer einzelnen österreichischen Universität) mit all ihren hinreichend bekannten negativen, insbes. wirtschaftlichen, sozialen und sonstigen Auswirkungen für Betroffene. - Auch der seit 2021 novellierte § 109 perpetuiert einen Missbrauch befristeter Arbeitsverträge. Befristungen von Arbeitsverträgen sollten auf sachlich gerechtfertigte Ausnahmetatbestände abzielen, was bei befristeten Verträgen an österreichischen Universitäten i.d.R. nicht der Fall ist (vgl. z.B. Stöckl „Kettenarbeitsverträge aus innerstaatlicher und europäischer Sicht“, in: DRdAinfas, Heft 393). Prekäre Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals wurden und werden durch die Novellierung des §109 sowie der geltenden Übergangsbestimmungen gem. § 143 Abs 83-85 seit 01.10.2021 in noch stärkerem Maße möglich als in der vormaligen Fassung des §109. Betroffen sind nunmehr Arbeitnehmer*innen in unterschiedlichsten Karrierestufen ihrer Erwerbstätigkeit (bis hin zur befristeten Professur). - In §13 UG (ad Leistungsvereinbarungen) ist von Maßnahmen zur „Verstetigung von Beschäftigungsverhältnissen der Lehrbeauftragten und zur attraktiven Ausgestaltung von Karrierewegen für den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs, der aus Exzellenzprogrammen gefördert wird“ die Rede. Diesbezügliche tragfähige, erfolgreiche Umsetzungen von Konzepten und Maßnahmen an den österreichischen Universitäten konnten bisher summa summarum nur in geringem Ausmaß beobachtet werden. Ebenso ist seit der jüngsten Novelle des UG nunmehr in §13 b Abs 3 Z 6 UG die Rede von "Entfristungsmodellen". Zu Letzterem zeigen die Leistunvereinbarungen der Universitäten jedoch kaum Entfristungszahlen, die für Betroffene tragfähig wären.